Zweitagestour: Geschöttelt (Karwendel)
Das Karwendel ist eine etwas unnahbare Berggruppe in der Nähe der Zugspitze, die sich mit langen Zustiegen und schroffen Felsen dagegen wehrt, einfach erkundet zu werden. Mit einer Übernachtung im ehemaligen Jagdhaus König Ludwigs II. lässt sich aber eine tolle zweitägige Tour unternehmen, bei der man sogar in den Bergen baden kann (wenn man kann)!
Los geht’s
Zunächst auf breiten Forstwegen steigt man vom Campingplatz an der Isar am steilen Tobel des Seinsbachs entlang gleichmäßig auf. Nach ca. 2,5 km ändert sich das schlagartig, denn hier zweigt der Weg in die Talflanke ab Richtung Signalkopf/Seinskopf. Schweißtreibend in vielen kleinen Serpentinen gewinnt man jetzt rasch an Höhe und erhascht durch den Bergwald immer mehr Blicke in die umliegenden Berge. Nach 800 Hm ist man am ersten Gipfel dieser Tour angekommen: dem Signalkopf, der eigentlich nur der erste Legföhren-bestandene Buckel ist in der Kette, auf der sich der Weg weiterschlängelt. Sogar die Schöttelkarspitze lugt schon im Hintergrund hervor.
Sein(skopf) oder nicht Sein(skopf)?
Ab hier wird der Weg deutlich alpiner und ausgesetzter, während er sich mal rechts, mal links vom Grat weiter zum Seinskopf schlängelt. Zu dessen Gipfelkreuz kann man senkrecht mithilfe einiger Trittbügel schnell gelangen, sofern man schwindelfrei ist (alle anderen laufen einfach vorbei). Weiter auf dem schönen Bergpfad aufwärts zum Sattel (ca. auf 2000 m) mit der prominenten Schöttelkarspitze im Blick, wo man sich bei Anblick der ganzen bröseligen Felsen vor einem unwillkürlich fragt, wie man da rauf kommen soll? Aber der rote Pfeil führt eindeutig in die Trümmerlandschaft links hinab, also folgt man ihm und stellt fest, dass man zwar vorsichtig gehen sollte, aber überraschend einfach dem Ziel zustrebt.
Ein Spaziergang in den Bergen
Sobald man unter dem Gipfelaufbau gequert hat, wird die ganze Sache zu einem Kinderspiel, denn der letzte Abschnitt ist ein simpler Kiesweg. Von der Schöttelkarspitze hat man nun die beiden Soiernseen endlich richtig im Blick, die unterhalb der gleichnamigen Spitze wie zwei türkise Augen in der Landschaft liegen. Den weiteren Verlauf der Wanderung sieht man auch vor sich, denn zum Soiernhaus führt ein perfekt angelegter Weg, der an den wenigen etwas heiklen Stellen, wo der Hang gerutscht ist, sorgfältig gesichert ist.
König Ludwig wusste, was gut ist
Das Tagesziel, das Soiernhaus, ist eine kleine, aber feine DAV-Hütte und das ehemalige Jagdhaus von König Ludwig II., der ein Händchen für schöne Orte in den Bergen hatte. Die Lage am Eingang des Kars der Soiernseen bietet Ausblicke auf die Berge, das Tal und die Seen und lädt zum Träumen ein. Zum Baden übrigens auch, denn von der Hütte sind es nur 5 Minuten zum Ufer des westlichen Sees, in dem man ein erfrischendes Bad nehmen kann. Da die Seen keine Zuflüsse haben, ist das Wasser nicht ganz so eisig wie man es von Bergbächen gewöhnt ist, aber frisch ist es!
Die Übernachtung im Matratzenlager ist gemütlich, das Essen gut und das neue Waschhaus vorbildlich großzügig mit schön viel Holz. Eine Übernachtung lohnt sich auf jeden Fall, auch um am nächsten Morgen früh zum zweiten Teil starten zu können.
Schotter und Gämsen
Zwischen den Seen hindurch führt der Weg langsam aber sicher in das Kar unterhalb des heutigen Gipfelzieles, und irgendwann ist man allein mit dem Schotter/Weg und den Gämsen, die sich hier gerne tumeln. Kurz bevor man den Sattel rechts der Soiernspitze erreicht hat, muss man durch ein paar Felsstufen kraxeln, dann steht man auf der Seite, von der man ihr aufs Haupt steigen wird. Und das ist noch einfacher als gestern, denn die starke Bänderung des Gesteins führt dazu, dass man wie auf einer Treppe gemütlich hochlaufen kann.
Tipp: Rucksack an der Abzweigung zum Gipfel deponieren, da man auf dem Rückweg wieder vorbeikommt.
Endlich oben!
Auf 2257 m ist man oben angekommen und wird belohnt mit dem Blick auf das urtümliche Kar zu seinen Füßen: die leuchtenden Soiernseen und die dunkle Pfütze der Soiernlache (der traurige Rest eines lang geschmolzenen Gletschers). Links die Schöttelkarspitze von gestern, im Hintergrund der Walchensee, in die andere Richtung Zugspitze und im Süden der Rest des Karwendels, an dessen Rand wir uns bewegen.
Abenteuerlustige können dem Grat weglos zum Sattel folgen, alle anderen nehmen einfach den gleichen Weg zurück. Die nächste Zeit wandert man nun auf den Bändern unter der Reißenden Lahnspitz und dem Feldernkopf entlang bis man einen kurzen Teil von gestern noch mal läuft. Allerdings biegt man dieses Mal an der Schafkehre links ins Tal ab und begibt sich damit auf den langen, anstrengenden Abstieg.
Der Rückweg
700 Hm weiter unten merkt man in den Knien, was man geleistet hat – es war genauso steil wie der Aufstieg! Hier trifft man auf den Fahrweg, der einen wieder aus dem Tal geleitet. Nach ca. 1 km kommt man an der Abzweigung vorbei, wo man gestern in die Flanke eingestiegen ist, was einem inzwischen wirklich lang her vorkommt… genau wie der Rückweg, denn es sind noch fast 3 km bis man wieder am Campingplatz angekommen ist. Hier bietet es sich an, die geschundenen Füße in die Isar zu halten und sich über die gelungene Wanderung zu freuen!
Bilder
Karte und Höhenprofil
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Info
- Länge: ca. 22 km (1. Tag: ca. 10 km, 2. Tag: 12 km)
- Aufstieg/Abstieg: ca. 2600 Hm (1. Tag: 1300 Hm, 2. Tag: 1300 Hm)
- Höchster Punkt: ca. 2260 m
- Typ: Rundweg; beide Laufrichtungen möglich
- Start/Ziel: Campingplatz Isarhorn, Mittenwald, Bayern
- Anforderungen: zunächst breite Forstwege, dann schmale, z. T. ausgesetzte Bergwege, bei der Schöttelkarspitze bröselig, Aufstieg zur Soiernspitze durch steiles Schotterkar, dann überraschend einfach über Bänder auf den Gipfel. Insgesamt T3.
- Beste Jahreszeit: Mai bis September