Tour: Jubiläumsweg Bodenseekreis (Deutschland)
Es herrscht große Verwirrung, wenn man erzählt, dass man den Jubiläumsweg Bodenseekreis läuft: was für ein Jubiläum? Wo genau ist der Bodenseekreis? Und warum sollte man den Weg überhaupt wandern? Alles gute Fragen!
Der Bodenseekreis
Der Bodenseekreis erstreckt sich praktisch fast am ganzen nördlichen Ufer von Kressbronn im Osten über Friedrichshafen bis hinter Überlingen im Westen und nimmt das Hinterland bis südlich von Ravensburg mit. Er wurde erst im Zuge einer Kreisreform 1973 eingerichtet, womit wir auch schon beim Jubiläum wären: zum 25-jährigen Bestehen wurde der Weg geschaffen, um den Fokus auf die touristisch etwas im Dornröschenschlaf liegenden Gegenden abseits vom Ufer zu lenken.
Der Weg
In 6 Etappen wandert man von Kressbronn nach Überlingen und erkundet auf 111 Kilometern, was der Bodensee noch zu bieten hat außer Blumeninseln, Segelbooten und Uferpromenaden. Damit richtet er sich hauptsächlich an wanderfreudige Einheimische, die gerne abseits vom Trubel ihre Heimat erkunden wollen. Klingt doch genau richtig für uns!
Die Etappen sind alle zwischen 17 und 22 km lang, haben meistens 200 Hm im Aufstieg zu bewältigen und sind damit für durchschnittlich trainierte Wanderer gut zu schaffen. Übernachtungsmöglichkeiten gibt es an jedem Etappenort (Tipp: Messetermine in Friedrichshafen beachten – dann kann es etwas eng werden mit Hotels), eine Anbindung an den ÖPNV fast überall auch. Man kann sich also aussuchen, ob man den Jubiläumsweg in mehreren Tagen am Stück läuft oder nur jeweils eine Etappe.
- Etappe: Kressbronn – Neukirch
- Etappe: Neukirch – Meckenbeuren
- Etappe: Meckenbeuren – Markdorf
- Etappe: Markdorf – Heiligenberg
- Etappe: Heiligenberg – Owingen
- Etappe: Owingen – Überlingen
Da wir wandertechnisch die Gegend hinter Überlingen schon sehr gut kennen, haben wir uns entschieden, nur die ersten vier Abschnitte zu laufen und in Heiligenberg zu enden. Damit haben wir uns 82 Kilometer Strecke vorgenommen.
Die Tour
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Tag: Vom Ufer ins Hügelland
Der Weg startet direkt am Bahnhof in Kressbronn und begibt sich dann durch immer mehr Obstplantagen zum ersten Höhepunkt der Wanderung: der Schleinsee (bzw. die Bank auf dem Hügel direkt dahinter) bietet eine einmalige Aussicht – zwei Seen, ein idyllisch gelegenes Hofgut, blühende Bäume und ein Alpenpanorama, das einen fast umhaut. Insgesamt hat man auf diesem Abschnitt öfter die Gelegenheit, in verschiedenen Anblicken der Berge zu versinken. Einziger Wermutstropfen: man läuft fast ausschließlich auf Teer, was sich am Abend schmerzhaft in den Füßen bemerkbar macht.
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Tag: Durch die Hügel ins Schussental
Obst- und Hopfenanbau bestimmen auch weiterhin das Landschaftsbild heute, man wird der endlosen Reihen fast ein wenig überdrüssig (Tipp: zur Blütezeit im April/Mai ist es deutlich schöner). Wie gut, dass man einen willkommenen Abstecher zum vaude-Outlet mit Bio-Café (Café ab 14 Uhr geöffnet) in Obereisenbach machen kann und damit kompensiert, dass es auf dieser Etappe sonst keine Einkehrmöglichkeiten gibt. Die Wege sind heute weniger asphaltlastig, dafür bekommt man aber auch deutlich häufiger zu spüren, dass das Schussental eng besiedelt ist (mehr Verkehr, mehr Orte). Ein schöner Aussichtspunkt ist die Kapelle auf der Brünnensweiler Höhe oberhalb von Meckenbeuren.
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Tag: Aus der Ebene an den Fuß des Gehrenberges
In Meckenbeuren ist die Wegführung etwas verwirrend und man braucht ein Weilchen, bis man den Ort hinter sich gelassen hat (Tipp: die Bronzefigur des Bauern mit seinem Bock der Schwäbischen Eisenbahn, nicht direkt am Bahnhof sondern Ecke Bahnhofstraße/Hauptstraße). Dann taucht man wieder ein in die Obstplantagen, bis man zwischen den Stämmchen schließlich ein Kirchlein auf einer Kuppe stehen sieht: die Ailinger Kapelle bietet einen wunderschönen Blick sowohl über Friedrichshafen mit Zeppelinwerft als auch an schönen Tagen eine tolle Sicht auf Säntis und Co. Für die Einkehr ist ein Schlenker über Ailingen nötig (Tipp: sehr gutes griechisches Restaurant: Alpha), danach sollte man unbedingt den Abstecher zum Gehrenmännleloch mitnehmen: ein abgeschiedenes Tälchen, durch das sich die Rotach schlängelt und ein grünes Paradies geschaffen hat – der schönste Teil des Weges heute. Ein weiterer Höhepunkt ist das Leimbacher Ried kurz vor Markdorf mit seiner Beobachtungshütte. Lange, aber schöne Etappe.
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Tag: Bergauf, bergab, bergauf
Falls sich die Füße bisher etwas gelangweilt haben bei zu viel Strecke auf ebenem Teer: hier kommt die „Rettung“, nämlich der Anstieg einmal auf den Gehrenberg direkt hinter Markdorf (Tipp: sehenswerte Altstadt) und dann der nach Betenbrunn und schließlich Heiligenberg. An Aussichtspunkten mangelt es ebenfalls nicht, denn schon der Gehrenbergturm kann mit einem spektakulären Panorama punkten. Allerdings muss man alles wieder bergab Richtung Deggenhausertal und kommt dann ab Untersiggingen wirklich ins Schwitzen! Man sollte sich einen Gefallen tun und nach dem Alpaka-Paradies bei Lellwangen der alten Beschilderung des Jubiläumsweges (etwas versteckt) durch den Wald folgen anstatt sich weiter auf Asphalt bergauf zu quälen. Betenbrunn bietet noch mal eine Einkehrmöglichkeit (Tipp: Gasthof Zur Post bei der Kirche) vor dem finalen Abschnitt über die Amalienhöhe nach Heiligenberg.
Fotos
Fazit
Der Jubiläumsweg Bodenseekreis bietet eine schöne Möglichkeit, das Hinterland kennen zulernen, das man vor allem als Einheimische gerne links liegen lässt. Spektakulär sind die Blicke auf die Alpen, etwas weniger aufregend aber immer noch reizvoll sind die unterschiedlichen Landschaften, die man durchwandert.
Abschnittsweise ist der Weg etwas eintönig (Stichwort Obstplantagen) und man merkt ihm an, dass er nicht extra angelegt wurde, sondern sehr stark die vorhandenen, asphaltierten Wirtschaftswege nützt (die typisch für diese Region sind). Für unseren Geschmack war er etwas zu teerlastig um angenehm zu laufen, allerdings lassen sich große Teile deswegen bestimmt gut als Radtour machen!
Uns sind fast keine anderen Wanderer begegnet, insofern ist die Tour nicht als überlaufen zu bezeichnen. Einsam ist man aber auch nicht, da der Bodenseekreis landwirtschaftlich stark genützt wird und dementsprechend immer irgendwo ein Traktor in der Nähe ist…
Tipp
Wenn man den Jubiläumsweg komplett in einem Zug wandert, würden wir vorschlagen, ihn in umgekehrter Reihenfolge – also von Überlingen nach Kressbronn – zu gehen. Vorteil: man läuft immer mit Blick auf die Alpen vom hügeligen ins offenere Gebiet. Allerdings muss man gleich am zweiten Tag den Anstieg nach Heiligenberg bewältigen, danach ist es dann aber gemütlich.
Literatur
„Jubiläumsweg Bodenseekreis – Von Kressbronn bis Überlingen. Der Bodenseekreis in 6 Etappen.“ von Rainer Barth (Auflage 2016)
Der Initiator des Jubiläumswegs selbst hat dieses Büchlein geschrieben und gibt eine ausführliche Übersicht über den Wegverlauf. Manchmal sind seine Beschreibungen etwas sehr blumig, aber aus ihnen spricht die große Begeisterung für die Schönheit der Landschaft (und der Sakralbauten!). Zur Planung sehr empfohlen, da vor Ort meistens keine Hintergrundinformationen zu den Weilern, Brücken und Naturschutzgebieten zu finden ist.